Die 2000er Jahre Handwerk kann auch nullen!

Das Jahr des 100. Geburtstages der Handwerkskammer Koblenz war zugleich auch ein Jahrtausendsprung, für den manche Experten einen EDV-Kollaps vorausgesagt hatten. Viele rechnergestützte Systeme seien in Gefahr, mit dem Datumssprung von 99 auf 00 nicht klar zu kommen. Betroffen wären auch EDV-basierte Bearbeitungsverfahren, auch in Handwerksbetrieben, doch der große Blackout im Nullerjahr blieb aus und das Jubiläumsjahr begann ohne Zwischenfälle.

Die 2000er Jahre
HwK Koblenz
Zum Handwerksfest am 10. September 2000 kamen 70.000 Besucher in die Koblenzer Innenstadt.

Geplant waren dafür mehrere Veranstaltungen mit dem Jahrhundertereignis Handwerkskammer im Mittelpunkt. Der Neujahrsempfang im Kurfürstlichen Schloss mit historischer Modenschau und einer filmischen Reise durch das 20. Jahrhundert bildete den Auftakt. 1.500 Gäste erlebten den Einsatz riesiger Projektionswände, Lasertechnik und ein für die damalige Zeit spektakuläres Großaufgebot an Computern. Mit dem „Markt der Möglichkeiten“ am 18. und 19. März schloss sich eine weitere Großveranstaltung an, gefolgt von der Meisterfeier am 9. April, der sich eine Präsentation aller deutschen Handwerkskammern auf dem Berliner Gendarmenmarkt Anfang Juni. Bundespräsident Johannes Rau war der prominenteste Besucher am Koblenzer Ausstellungsstand. Zum großen Koblenzer Handwerksfest am 10. September kamen 70.000 Besucher.

Einen durchaus festlichen Rahmen mit großem Aufwand setzte dann die Jubiläumsausstellung vom 25. August bis 1. Oktober im Kurfürstlichen Schloss zu Koblenz unter dem Titel „Miteinander: Leben, Wohnen, Arbeiten“. Dafür wurden auch Ideenwettbewerbe ausgeschrieben, so einer zum kostengünstigen Bauen. Architekturstudenten sollten dafür ein „Starterhauses“ für private Bauherren mit durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen entwickeln. Ein weiterer Wettbewerb galt dem Thema „Reparieren statt Wegwerfen“ und stellte handwerkliche Reparaturen über die Wegwerfmentalität – nach wie vor ein aktuelles Thema!

Zu Jahresbeginn zählt die HwK 17.288 Mitgliedsbetriebe, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 140 Unternehmen darstellt. 2.204 Unternehmen werden durch Frauen geführt (zum Vergleich 1980: 1.201), insgesamt sind 150.000 Menschen in Kammerbetrieben beschäftigt.

Damals ein großes Thema: Präsenz im Internet! 46 Prozent der Betriebe informieren im Rahmen eines Konjunkturberichts über einen eigenen Internetauftritt, 53 % geben an, das neue Medium im Unternehmensalltag zu nutzen. Und auch die HwK – seit 1997 mit www.hwk-koblenz.de im Netz weltweit vertreten – baut ihr Angebot ständig aus und bindet dabei auch die Handwerksbetriebe ein, so über die neue Online-Datenbank www.handwerks-netz.de. Neuland wird über eine Online-Ausbildung auch im Friseurhandwerk beschritten – das ganze nennt sich Telelearning.
Passend zu diesen innovativen Ideen wird eine ganze Kampagne aufgelegt: „Handwerk ist Hightech“ beschreibt technische Innovationen im handwerklichen Einsatz.

Doch auch mit „alten“ Techniken macht die HwK Schlagzeilen: vor 2000 Jahren erfunden, bauen Ausbildungsmeister im Zimmererhandwerk zusammen mit Lehrlingen im Rahmen der ÜLU nach historischen Plänen eine römische Pfahlramme nach, die ihren ersten Einsatz 55 v. Chr. hatte und den Brückenbau der Römer über den Rhein ermöglichte. Ihren Probelauf erlebte die Holzkonstruktion auf der „MESSE AM RHEIN: Handwerksmesse Koblenz“.

Um deren Zukunft geht es beim Ankauf eines Grundstücks am Wallersheimer Kreisel: Die HwK-Vollversammlung beschließt als Investition in die Zukunft den Kauf eines unmittelbar an das Messegelände angrenzenden Grundstücks. Ziel ist es, hier ein Messe- und Kongresszentrum zu etablieren.

Im April findet die Meisterfeier der HwK statt, bei der 1.600 Jungmeister der Prüfungsjahrgänge 1998 bis 2000 ihre Großen Meisterbriefe in Empfang nehmen können. Festredner ist Ministerpräsident Kurt Beck, der unter anderem klar stellt: „Beim Meisterbrief dürfen wir auch zugunsten von Europa nicht einfach Bewährtes mit einem Zug wegwischen!“ Damit geht er auf Regulierungsbemühungen der EU ein, die den deutschen Meisterbrief in seiner Bedeutung zurückstufen will.

Vom 25. August bis 1. Oktober ist das Kurfürstliche die große Bühne fürs Handwerk und die Handwerkskammer Koblenz. Die Ausstellung „Miteinander: Leben, Wohnen, Arbeiten“ präsentiert Handwerk aus 100 Jahren, der Gegenwart und wirft mit der Darstellung neuer Techniken und Trends einen Blick in die Zukunft.

Heute kaum zu glauben: eine Sensationsnachricht ist die Akquise von 590 zusätzlichen Ausbildungsstellen im Handwerk durch die HwK-Berater. In Zeiten vieler Schulabgänger und vergleichsweise wenig freier Lehrstellen wird seitens der Bundesregierung sogar über eine Ausbildungsplatzabgabe nachgedacht. Zahlen sollen Betriebe ohne Lehrling. In den zurückliegenden 25 Jahren ist die Situation am Ausbildungsmarkt somit komplett gekippt.

Die bereits seit Jahrzehnten bestehende Zusammenarbeit mit der Bundeswehr wird im Jahr 2000 gekrönt mit der Gründung des „Beratungszentrum Bundeswehr – Handwerk“ unter dem Dach der HwK Koblenz. Es soll eine berufliche Ausbildung und Qualifizierung bis hin zum Meisterbrief für ausscheidende Soldaten auf Zeit sicherstellen, um einen Übergang vom Dienst an der Waffe ins zivile Leben zu optimieren. Die HwK Koblenz beschreitet mit einem Pilotprojekt Neuland und ist die erste Einrichtung Deutschlands, die eine Rahmenvereinbarung mit dem Bundesverteidigungsministerium unter Minister Rudolf Scharping abschließt.